Infrarot-Kamera: Hier spürt die Polizei den Boston-Bomber auf

Written By Unknown on Minggu, 21 April 2013 | 17.03

Ein Schiff, das auf trockenem Grund liegt, schwimmt nicht. Es taugt nicht zur Flucht. Dschochar Zarnajew (19) wusste das wohl, als er sich am Freitagabend in ein aufgebahrtes Motorboot verkroch – und so sein jämmerliches Ende besiegelte.

Blutüberströmt lag er unter der Schiffsplache, als die Polizei ihn aufgriff. Mit einer Infrarot-Kamera hatten sie ihn im Boot aufgespürt. Der Hinweis kam vom Besitzer des Schiffs.

Der 19-Jährige liegt m Spital. Nach Angaben von Gouverneur Deval Patrick ist sein Zustand «ernst, aber stabil». Er sei jedoch noch nicht in der Lage zu sprechen. Patrick fügte hinzu, er hoffe, der 19-Jährige werde überleben: «Wir haben Millionen von Fragen, und diese Fragen müssen beantwortet werden».

Menschenjagd

«Tatverdächtiger verhaftet», twitterte Bostons Polizei. «Wir haben ihn», lautete der Tweet von Bostons Bürgermeister in der Nacht auf gestern.

Vorbei ist eine der spektakulärsten Suchaktionen der US-Geschichte. Bis zu 10000 schwer bewaffnete Polizisten fahndeten seit Montag nach Dschochar und seinem Bruder Tamerlan Zarnajew (26). Sie stehen im dringenden Verdacht, mit zwei Bomben am Boston Marathon drei Menschen getötet und 183 teilweise schwer verletzt zu haben.

Am Donnerstag veröffentlichte die US-Bundespolizei FBI erste Bilder der mutmasslichen Täter. Sie hielten sich noch in Boston auf, waren mit Pistolen und Bomben bewaffnet. Die Fahndungsfotos verleiteten sie zur Flucht. Um dafür nötiges Geld zu beschaffen, raubten sie ein Geschäft aus. Sie töteten einen Polizisten, der sie erkannte.

Und sie entführten den Fahrer eines Mercedes-Geländewagens. Ihm gestanden sie, die Bomben am Marathon gelegt zu haben. An einer Tankstelle liessen sie ihn gehen. Sie wechselten das Auto und fuhren nach Watertown, ausserhalb von Boston. Dort lieferten sie sich mit der Polizei ein längeres Feuergefecht. Tamerlan starb im Kugelhagel. Auf der Flucht überfuhr ihn sein Bruder. 24 Stunden später lag der wimmernd im Boot.

Das fehlende Motiv

Amerika atmete auf. Spontan entlud sich auf den Strassen Bostons der Jubel. US-Präsident Barack ­Obama telefonierte gestern mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sie vereinbarten, bei der Terrorbekämpfung zu kooperieren. Denn die beiden Tatverdächtigen lebten seit Jahren in den USA, haben ihre Wurzeln aber in Tschetschenien – einem Feind Russlands. 

Was bleibt, sind Fragen. Was trieb die beiden jungen Männer zur unbegreiflichen Tat? Wollten sie auf sich aufmerksam machen? Wer ist Tamerlan, der Boxer? Wer der kleine Bruder mit den herzigen Locken, der Rap hörte, sein Rollbrett nicht aus der Hand gab, als cool galt? Vielleicht die wichtigste Frage: Waren es Einzeltäter oder handelten die beiden Brüder im Auftrag einer tschetschenischen Terrororganisation? Zur letzten Frage äusserte sich der Polizeichef von Watertown, Edward Deveau, voreilig: «Nach dem, was wir wissen, waren sie allein.»

Die Biografie der Brüder erzählt ein klassisches amerikanisches Einwanderer-Epos. Beide kommen im zentralasiatischen Kirgistan zur Welt. Dort gehören sie zur tschetschenischen Minderheit. Stalin hatte ihre Familie 1944 vertrieben, weil er glaubte, sie spannten mit Hitler zusammen.

Willkommen sind Tschetschenen in Kirgistan nicht. 2001 flieht die Familie Zarnajew – Eltern, zwei Söhne, zwei Töchter – in die russische Republik Dagestan. Anfang 2002 reisen Vater und Mutter in die USA, kurz darauf folgen die Kinder. Tamerlan ist 15, Dschochar 8.

Vater Ansor Zarnajew flickt Autos. Mutter Subeidat arbeitet als Kosmetikerin. Doch der Vater erkrankt, er geht zurück nach Russland. Die Mutter folgt 2012, um ­einem Strafprozess auszuweichen. Sie war erwischt worden, als sie teure Kleider klaute. Ihre Kinder lernen die Sprache, passen sich der neuen Kultur an, werden Teil des amerikanischen Schmelztiegels.

Der sanfte Ringer

Wobei es dem jüngeren Bruder leichter fällt. Dschochar ist beliebt und dank guter Noten angesehen. Er besucht in Cambridge bei Boston dieselbe Mittelschule, auf der einst die beiden Hollywood-Stars Matt Damon und Ben Affleck büffelten.

Am Schlussball trägt er einen schwarzen Smoking, bindet sich eine rote Fliege um, typisch für amerikanische Gymnasiasten. Er nimmt eine Freundin mit auf den Tanz, scheint dabei «sehr glücklich» zu sein, so ein Mitschüler.

Sein Übername ist «sanfter Engel». Dabei ringt er, drückt auf der Matte jeden zu Boden. Als «schlauen Burschen» beschreibt ihn sein Ringer-Coach. Zur Matur gewinnt er 2011 eines der seltenen, mit 2500 Dollar dotierten Stipendien der Stadt Cambridge.

Aus ihm soll etwas werden. Er gibt Zahnarzt als Berufswunsch an, ist aber noch ein Kind. Auf der Strasse ist er oft auf dem Rollbrett anzutreffen. Die Baseballmütze trägt er nach hinten gedreht. Für die Jungs auf der Strasse ist er der «coole Jahar». Noch am Abend vor dem Attentat zeigt er sein Können auf dem Skateboard. Der Wechsel von der Mittel- zur Hochschule misslingt. Er schreibt miserable Noten, Einsen in Politik und Chemie. Nur gerade bei den Aufsätzen brilliert er.

Der schrille Schläger

Dschochar wird 2012 US-Bürger. Seinem Bruder gelingt das nicht. Der schlägt seine Freundin, sitzt 2009 kurze Zeit in Haft – ein Grund, ihn nicht einzubürgern.

Ohnehin bekundet Tamerlan weit mehr Mühe, sich in den USA einzugliedern. Er ist rebellischer, fällt äusserlich auf. Zu Schuhen aus Alligatoren-Leder trägt er kitschige Rüschenhemden. Er boxt, und zwar gut. «Er war gross, grösser als die meisten, und zäh», beschreibt ihn der

Vizepräsident der New England Boxing Association. 2003 registriert er sich beim amerikanischen Boxverband. Später gibt er an, er wolle für die USA bei den Olympischen Spielen in den Ring steigen. Sein grösster Erfolg ist 2009 ein Auftritt in Salt Lake City bei den «Golden Gloves», dem wichtigsten Turnier für Amateure. Er verliert seinen einzigen Kampf.

Nach drei Semestern bricht er sein Studium ab. Dafür hat er Glück in der Liebe. Er lernt in Boston ­Katherine Russell kennen. Die beiden heiraten, haben eine kleine Tochter. Russell, heute 24, konvertiert zum Islam. Fortan trägt sie einen Hidschab, eine islamische Bedeckung für Kopf und Hals.

Fassungslos reagiert Russells Familie auf den Terror. Ihre Eltern verteilen am Freitag eine Stellungnahme, verfasst per Schreibmaschine. Den Namen des toten Schwiegersohns buchstabieren sie falsch. «Es ist uns bewusst, dass wir Tamerlane Zarnajew nie richtig kannten.»

Bekannte erzählen aber, die Eltern hätten Katherine «sehr unterstützt» beim Übertritt zum Islam. Eine Nachbarin schildert, wie sich Katherine verändert habe. Sie trage lange Gewänder, sei oft drinnen.

Radikaler Islam

Waren die Zarnajew-Brüder radikale Muslime? Trieb ihr Glaube sie an, Nägel und Schwarzpulver in Kochtöpfe zu stecken und so Menschen zu töten und zu verstümmeln? Menschen, die sie vorher nie trafen. Islamische Websites liefern Anleitungen, Bomben so zu basteln, aber auch rechtsextreme.

Als «strenggläubige Muslime» beschreiben die Eltern ihre Söhne. Der ältere nimmt den jüngeren oft mit zum Freitagsgebet. Online preisen beide den Islam. An der Highschool verfasst Dschochar einen Aufsatz über Tschetschenien und die russische Unterdrückung der Muslime. Tamerlan publiziert Videos von islamischen Geistlichen. Ihr ältester Sohn sei «seit fünf Jahren in religiöse Politik» involviert, sagt die Mutter am russischen Fernsehen. «Am Dschihad nahm er aber nicht teil.» Vor einem Jahr besucht Tamerlan mit seinen Vater Dagestan, gemeinsam gehen sie nach Tschetschenien. Ob sie radikale Gruppen treffen, ist nicht klar.

Sicher ist: Das FBI kennt Tamerlan Zarnajew. Bundespolizisten befragen ihn Anfang 2011. Eine ausländische Regierung – vermutlich die russische – bittet die USA darum. Er soll «Anhänger des radikalen ­Islams» sein und sich ausserhalb der USA einer Terrorgruppe anschliessen wollen. Wochenlang durchkämmt das FBI seine E-Mails, schaut, was er online tut, befragt die Familie und Freunde. Der Befund: Es gibt keine terroristischen Verbindungen.

Die Eltern kennen die Bedenken des FBI. Der Vater sagte diese Woche, beide Söhne seien im Visier gewesen – «seit drei bis fünf Jahren». Er will einen FBI-Agenten gehört haben, wie er seinen Buben sagte: «Wir wissen, was ihr lest, was ihr trinkt, was ihr esst, wohin ihr geht.»

Das vielleicht beste Bild von Tamerlan Zarnajew hat der junge US-Fotograf Johannes Hirn. Er begleitet ihn beim Boxtraining und publiziert 2010 ein Foto-Essay im Magazin der Boston University. «Boxen für den Pass» so der Titel. Um US-Bürger zu werden, wolle er an den Olympischen Spielen für die USA kämpfen.

Tamerlan gibt sich als gläubigen Muslim aus, der weder trinkt noch raucht. «Gott sagte Nein zu Alkohol.» Und er klagt: «Ich habe keine amerikanischen Freunde, ich verstehe sie nicht.» Letztlich war er ein Versager.  


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