FDP-Müller über den Zoff mit der EU: «Wir sind die Gallier – ohne Zaubertrank»

Written By Unknown on Senin, 29 September 2014 | 17.03

BLICK: Herr Müller, das Volk hat die Einheitskasse klar abgelehnt. Knapper dürfte es Ende November bei der Ecopop-Initiative werden, die die Zuwanderung auf rund 16 000 Personen pro Jahr beschränken will. Schon nervös?
Philipp Müller:
Kein bisschen. Das Volk hat schon am 9. Februar klargemacht, dass die Zuwanderung reduziert werden muss. Ecopop ist viel zu radikal.

Aber die Ängste der Bevölkerung sind weiterhin da, die Zuwanderung ist unvermindert hoch.
Es stimmt, es gibt diesen Unmut im Volk. Und viele Leute definieren Lebensqualität heute nicht mehr nur über das Materielle, sondern auch über Ruhe, Zeit und Natur. Wir müssen unsere Politik stärker auf diese Bedürfnisse ausrichten.

Ecopop bedient doch gerade diese Sehnsüchte. Wie wollen Sie das Volk von ­einem Nein überzeugen?
Wir sehen einer wirtschaftlichen Stagnation entgegen. Damit wird auch die Einwanderung von Arbeitskräften sinken.

Das Zuwanderungsproblem löst sich also von selber?
Das sage ich nicht. Aber das Wachstum, eine der Triebkräfte hinter der hohen Zuwanderung, wird sich abschwächen.

Wo ist der Tatbeweis, dass die Politik die Zuwanderung spürbar senken kann?
Die FDP weist schon seit 2008 darauf hin, dass die Einwanderung aus Drittstaaten zu hoch ist. Trotz Kontingenten für 3500 Arbeitskräfte sind jedes Jahr 40 000 bis 45 000 gekommen.

Sie wollen die Drittstaaten-Kontingente radikal herunterfahren?
Nein, aber zum Beispiel die Kettenmigration beim Familiennachzug. Das heutige Ausländergesetz wäre gut, wird aber nicht konsequent angewendet. Auch die vorläufig Aufgenommenen müsste man, sobald es möglich ist, wegschicken.

Nun soll die Zuwanderung durch Aktivierung der inländischen Arbeitskräfte sinken. Die Fachkräfte-Initiative von Bundesrat Schneider-Ammann ist aber nur ein laues Lüftchen. Reicht das, um den Ecopopisten den Wind aus den Segeln zu nehmen?
Ob das zu wenig ist, wird die Abstimmung im November zeigen. Entscheidend sind zwei Dinge. Erstens müssen wir die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern. Ein Beispiel: Meine drei Töchter sind alle sehr gut ausgebildet. Sie wollen später vielleicht eine Familie gründen, aber sie wollen deswegen nicht aufhören zu arbeiten. Da müssen wir Lösungen finden.

Zweitens?
Zweitens haben wir ein Problem mit der Altersgruppe 50 plus. Diese hat es teils extrem schwer, einen Job zu finden. Ältere Stellensuchende werden heute benachteiligt, weil sie beispielsweise wesentlich höhere BVG-Beiträge zahlen müssen. Wir wollen, dass jüngere und ältere Arbeitnehmer gleich viel bezahlen.

Die Probleme sind bekannt. Aber wo sind die Fortschritte?
Das Parlament hat auf Initiative der FDP viele Massnahmen zur Einschränkung der Zuwanderung beschlossen. Aber der Bundesrat setzt sie einfach nicht um.

Was schlagen Sie vor?
Wir müssen radikal umdenken. Wir müssen Hürden herunterreissen für die Frauen und die Älteren im Land. Wir müssen lernen, nicht nur die Bedürfnisse der Arbeitgeber durchzusetzen, sondern auch die Bedürfnisse der Arbeitnehmer zu befriedigen.

Was erwartet denn der Gewerkschafter Philipp Müller von den Firmen bezüglich Teilzeitarbeit?
(Lacht) Auf den Gewerkschafter kommen wir noch zurück.

Ist Arbeitnehmervertreter Müller besser?
Ich sage doch nur, wir müssen die Interessen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer besser in Einklang bringen.

Die Unternehmer sind gefordert.
Alle sind im Rahmen der gelebten Sozialpartnerschaft gefordert, auch die Gewerkschaften.

Doris Leuthard wirft den Unternehmern vor, sie hätten seit dem 9. Februar zu wenig getan, um inländische Arbeitskräfte einzubinden. Teilen Sie diese Meinung?
Ein gewisser Teil dieser Aussage ist berechtigt. Es ist doch völlig schräg, wenn der Arbeitgeberverband in der aktuellen Situation verlangt, dass die Kontingente für Einwanderung aus Drittstaaten erhöht werden! Wo wir doch immer noch die volle Personenfreizügigkeit mit der EU haben. Herrgottschtärne! Da haben doch die Leute kein Verständnis dafür! Die macht man doch nur zornig! Wegen solcher Dinge landen wir am Schluss bei Ecopop.

Noch immer sind viele Arbeit­geber skeptisch, wenn Männer Teilzeit arbeiten wollen.
Teilzeitjobs einzurichten, ist nicht für alle Betriebe gleich einfach. Aber wenn Unter­nehmer finden, ein Teilzeitmitarbeiter sei ein minderwertiger Mitarbeiter, dann muss ich sagen: Es ist Zeit, aufzuwachen.

Die FDP wirbt mit Gemeinsinn für sich. Wo ist dieser Gemeinsinn bei der Wirtschaft?
Wir müssen aufhören, nur den Weg des geringsten Widerstands zu gehen und Arbeitskräfte im Ausland zu rekrutieren. Ein guter Unternehmer muss auch das gesellschaftliche Umfeld berücksichtigen.

Sie stimmen aber zu: Das Prinzip Freiwilligkeit, auf das Johann Schneider-Ammann setzt, führt bislang zu nichts.
Sie wissen, ich bin stolz auf unsere Unternehmer. Eurokurs, hohe Lohnkosten, hohes Preisniveau – die haben es nicht einfach und sind trotzdem international sehr konkurrenzfähig. Es gibt einfach ein paar schwarze Schafe, die es immer noch nicht begriffen haben.

Wenn man die Zuwanderungszahlen anschaut, dann müssen es ein paar grosse Unternehmen sein. Was passiert, wenn die Unternehmer nicht aufwachen?
Dann sind sie selbst schuld. Das Volk hat am 9. Februar der unbegrenzten Einwanderung einen Riegel geschoben, die Politik hat das nun umzusetzen.


Wie soll diese Umsetzung aus­sehen?
Der Masseneinwanderungs-Artikel ist mit EU-Normen nicht vereinbar. Das müssen wir jetzt einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Aber früher oder später wird das Volk nochmals abstimmen können.

Worüber?
Über das Ausführungsgesetz zum Einwanderungs-Artikel, das der Bundesrat erarbeitet. Die Eckwerte, die wir kennen, sind gut und verfassungskonform. Die Bundesratsparteien haben diese Strategie mehrfach abgesegnet. Jetzt stelle ich plötzlich fest, dass sich Parteien davon verabschieden und zu hyperventilieren beginnen. Wir sind die einzigen, die dem Bundesrat den Rücken stärken und den Volkswillen umsetzen wollen.

Sie wollen also im Parlament eine konsequente ...
... eine korrekte ...

... Umsetzung verabschieden. Und sie nachher via Referendum wieder bekämpfen?
Gibt es eine harte Umsetzung, werden Linke das Referendum ergreifen. Gibt es eine zu weiche Umsetzung, wird es die SVP tun. Wir werden uns dann überlegen, wie wir damit umgehen wollen.

Sie drücken sich um die Antwort auf die Frage.
Überhaupt nicht. Unsere Position können wir doch erst festlegen, wenn wir wissen, wie das Gesetz aussieht.

Wollen Sie die Personenfreizügigkeit beibehalten?
Wir wollen die bilateralen Verträge beibehalten. Ich setze grosse Hoffnungen in Aussenminister Didier Burkhalter und sein Team.

Glauben Sie, dass er auch die Freizügigkeit retten kann?
Fakt ist, in der heutigen Form ist die Freizügigkeit nicht vereinbar mit der neuen Verfassungsnorm.

Die Alpenschutz-Initiative wurde auch nicht knallhart umgesetzt, die Initianten waren kompromissbereit. Wäre das eine Lösung – dass die SVP von ihrer harten Position abrückt?
Die SVP muss wie alle Parteien beitragen, eine Lösung zu finden, die im Interesse des Landes ist. Das tönt jetzt halt sehr staatspolitisch: Eine Lösung, die ermöglicht, dass wir Frieden und Ruhe haben. Wir müssen irgendwie den Rank finden mit der EU. Um uns herum gibt es 500 Millionen Menschen. Wir sind das Gallierdorf in der Mitte. Aber wir haben keinen Zaubertrank.


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