Tsipras bei Merkel in Berlin: Sieht so Â«konstruktivÂ» aus?

Es war eine Premiere: Erstmals seit Amtsantritt reiste der griechische Premier gestern nach Berlin, zum Krisengespräch mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Knapp fünf Stunden diskutierten die beiden, erst im förmlichen Rahmen im Kleinen Kabinettssaal des Kanzleramts, später bei Ente und Brandenburger Gemüse im Speisesaal. Konkrete Verhandlungen, das betonten beide bei der Pressekonferenz vor dem Dinner, standen dabei nicht im Zentrum des Treffens. Vielmehr ging es darum, die bilateralen Beziehungen zu pflegen. Und zu retten, was noch zu retten ist.

Beste Freunde sind Athen und Berlin aber auch nach dem versöhnlichen Gespräch nicht. Das zeigten insbesondere die Miene Merkels. Zwar liess sie sich vor versammelter Medienschar von Alexis Tsipras zu einem Lächeln bewegen. Doch von einer lockeren Atmosphäre konnte nicht die Rede sein.

Der deutsche Regierungssprecher sprach stattdessen von «konstruktiven» Gesprächen. Es sei zu einer «umfassenden Aussprache über die Situation Griechenlands, die Arbeitsweise der Europäischen Union und die künftige deutsch-griechische Zusammenarbeit» gekommen. Tsipras bekräftigte, dass Athen Vereinbarungen einhalten wolle. Er forderte aber andere Prioritäten. «Wir brauchen einen neuen politischen Mix.» Ausserdem sprach der Premierminister die «Vergangenheit» an – konkret die geforderten Reparationszahlungen Deutschlands an Griechenland sowie die Rückzahlung einer Zwangsanleihe. Merkel blockte ab.

Die Aussprache in Berlin stellt einen kleinen Schritt Richtung Normalisierung in der Beziehungskrise zwischen Griechenland und seinem grössten Gläubiger dar. Tsipras gab sich versöhnlich, Merkel bemühte sich um Contenance. Inhaltlich weiter kam man allerdings nicht. Merkel blockte die Forderungen nach Reparationszahlungen ab. Und drängte die Griechen, Reformen endlich umzusetzen.

Heute will Tsipras nach seines Besuch das Holocaust-Mahnmal besuchen und sich mit Politikern von SPD, Grünen und Linkspartei treffen.

Und dann muss er sich wohl endlich an die Reformliste machen. Denn eine solche hat Griechenland bis heute nicht vorgelgegt. Dass es diese braucht, bevor weiteres Geld nach Athen fliesst, dürfte Merkel Tsipras gestern unmissverständlich klar gemacht haben. (lha/SDA)